Beim Aufräumen gefunden

Getränkekritik für „Der Alkoholiker”, 1983

Von Ulli Maier und Moritz Reichelt

Cardenal Mendoza, Weinbrand, Romate, Spanien

Wie ein Laserstrahl schießt die blaue Flamme aus dem gewaltigen Schwenker. Der Kellner ist dabei, den King of Cognac nach der offiziellen Methode mundgerecht zu servieren: Cardenal Mendoza, edelstes Pferd aus dem spanischen Stall „Romate“.

Die offizielle Methode: Über einem Spiritus-Lämpchen wird in Glas Eins die tiefbraune opalisierende Flüssigkeit sorgfältig angewärmt und dann penibel in ein zweites Glas gegossen. Die von den Wänden des nunmehr leeren ersten Glases perlende Restflüssigkeit wird in einer kurzen Explosion entzündet, damit die züngelnden Flammen es anwärmen. Wenn diese verlöscht sind, wird Cardenal Mendoza aus Glas Zwei nach Glas Eins möglichst schwungvoll zurück befördert. Das Glas wird mit einer Serviette abgedeckt und dem gelassen Wartenden serviert.

Der erste Schluck scheidet den Habitué vom Novizen. Letzterer zuckt nämlich noch unwillkürlich zurück, wenn das Aroma des Kirchenfürsten wie die Trompeten von Jericho durch seine erwartungsvoll  geblähten Nüstern tost. Der Kenner hingegen wartet, bis das Getränk seine persönliche Optimaltemperatur aufweist und genießt dann, ohne mit der Wimper zu zucken, den ersten Schluck. Gegen den vollen runden Geschmack von – man möchte fast sagen – Papst Mendoza verblassen alle anderen Weinbrände zu in Flaschen abgefüllten Chemiebaukastenelaboraten, zu willkürlichen äthylalkoholartigen Zufallsverbindungen.

Ein Glas genügt für normale Anlässe, aber zu Hochzeiten, Begräbnissen, Geschäftsverhandlungen, bei Liebeskummer und Verführungen sollte man ein paar Fläschchen dieses in Deutschland (inzwischen nicht mehr so) schwer zu findenden Seelenlacks bereithalten. Der Tropfen ist aber auch für einen soliden Vollrausch gut.

5 Kommentare

  1. Danke für das Rezept. Das Zeug soll wirklich auch antiviral wirken, hab ich gelesen. Man muss dazu nur hoch genug dosieren.

Schreibe einen Kommentar